Freitag, November 19, 2004

nasreddin hodscha II

Als der Hodscha durch die Gassen Konyas schlenderte, kam er vor ein großes palastartiges Wohngebäude, dessen Ausmaße und Pracht ihn in Staunen versetzten. Er betrachtete es eine ganze Weile mit größter Aufmerksamkeit und Bewunderung, bis der Torhüter, der vor dem Haus stand, ihm zurief:
„Warum starrst du denn ununterbrochen auf dieses Haus?"
„Ich möchte wissen, welchem Zweck dieses gewaltige Gebäude dient", antwortete der Hodscha, „dehalb hält es meine Blicke gefesselt."

Nachem der Torhüter die abgerissene Kleidung des Hodscha gemustert hatte, sagte er mit der Absicht, den guten Hodscha, den er für einen einfältigen Menschen hielt, zu hänseln:
„Das ist eine Mühle."
„Und sind die Tiere, die das Triebwerk dieser Mühle betätigen, so beschaffen, wie es deren Größenordnung erfordert?" fragte der Hodscha.

aus: Wer den Duft des Essens verkauft, Rowohlt Taschenbuch Verlag


die geschichten von nasreddin hodscha, dem türkischen eulenspiegel, gehen zurück auf den gleichnamigen „volksphilosoph" und imam, der 1208 in westanatolien geboren wurde. seine schwänke und anekdoten haben bis heute einen festen platz in der türkischen kultur.